Zweites Buch „1000 Tage ohne Bildung“
„Sie existieren nur, sie leben nicht“: Autorin Trina Mansoor aus Leveste gibt unterdrückten Frauen aus Afghanistan eine Stimme
Zweite Veröffentlichung: Die 35-jährige Autorin Trina Mansoor aus Leveste will mit ihrem neuen Buch unterdrückten Frauen aus ihrem Geburtsland Afghanistan eine Stimme geben.
Quelle: Ingo Rodriguez
Die 35-jährige Autorin Trina Mansoor aus Leveste hat ihr zweites Buch veröffentlicht. Ihr Erstlingswerk „Wüstenrose“ war noch eine autobiografische Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Flucht aus Afghanistan. Nun will Mansoor unter dem Titel „1000 Tage ohne Bildung“ den unterdrückten Frauen aus ihrem Geburtsland eine Stimme geben.
Ingo Rodriguez 18.09.2024, 11:46 Uhr
Leveste. „Ich werde nicht aufgeben, mich für mehr Demokratie und mehr Rechte für Frauen in Afghanistan einzusetzen“: Mit diesen Worten beschreibt die 35-jährige Trina Mansoor aus Leveste unmissverständlich den Antrieb für ihr Wirken als Autorin. Mansoor stammt aus Afghanistan, hat einen niederländischen Pass und lebt seit 14 Jahren in Leveste. Nur ein Jahr nach ihrem Erstlingswerk „Wüstenrose“ hat sie nun bereits ihr zweites Buch veröffentlicht, in dem sie sich mit den Lebensumständen in ihrem Geburtsland auseinandersetzt. „1000 Tage ohne Bildung“ – so lautet der Titel der Neuerscheinung, in der Mansoor unterdrückten Frauen aus Afghanistan eine Stimme geben möchte.
„Seit mehr als drei Jahren haben afghanische Mädchen und Frauen keinen Zugang zur Bildung, ihre Rechte sind stark eingeschränkt, sie existieren nur, aber sie leben nicht“, sagt die Jungautorin noch einmal genauer über den Hintergrund ihres zweiten Buches. Der Abzug der Nato-Streitkräfte aus ihrem Geburtsland im Jahr 2021 habe dramatische Folgen gehabt. Das weiß Mansoor nicht zuletzt auch durch persönliche Kontakte mit betroffenen Frauen – unter anderem über die sozialen Netzwerke. „Als europäische Frau mit afghanischen Wurzeln ringe ich stark damit, dass die Welt nichts unternimmt, um diesen Frauen zu helfen“, sagt die 35-Jährige.
„1000 Tage ohne Bildung“: So heißt die Neuerscheinung
der Autorin Trina Mansoor aus Leveste.
Quelle: Ingo Rodriguez
Unter anderem beschreibt Mansoor in ihrem neuen Werk die Geschichte einer Frau, die in Afghanistan unmittelbar vor dem Nato-Truppenabzug kurz vor dem Abschluss ihres Jura-Staatsexamens stand. Nach der Machtübernahme der Taliban sei ihr die Fortsetzung des Studiums verwehrt worden. Durch die Unterstützung der deutschen Regierung sei ihr glücklicherweise die Ausreise geglückt. „In Deutschland musste sie mit dem Studium aber von vorn beginnen“, erzählt Mansoor.
Geboren in Kabul: Mansoor veröffentlicht zweites Buch
Sie hebt den Unterschied zu ihrem Erstlingswerk hervor: Das neue Buch sei ein Aufruf, nicht länger die Augen vor dem Leid und der Unterdrückung der afghanischen Frauen zu verschließen. Mit ihrem ersten Werk habe sie ihre traumatischen Erlebnisse verarbeiten wollen. In der autobiografischen Autorenpremiere setzt sich Mansoor – geboren 1989 in Kabul – mit der Flucht ihrer Familie aus Afghanistan und ihrem eigenen Weg in die Freiheit auseinander. Es ist eine selbst erlebte Geschichte über die Unterdrückung von Frauen, jahrelange Flucht und über ihre ermordeten Eltern.
Inzwischen lebt Mansoor mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern seit 14 Jahren in Leveste, studiert Geschichte und Religionswissenschaften. Sie steht kurz vor dem Abschluss ihres Studiums an der Leibniz Universität. Die 35-Jährige hat außerdem im Psychosozialen Zentrum in Hannover im Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge (NTFN) eine Teilzeitstelle und begleitet zugewanderte Frauen aus Afghanistan. Mansoor spricht sechs Sprachen: Deutsch, Niederländisch, Englisch sowie Dari, Farsi und die pakistanische Nationalsprache Urde.
Trotz Studium, Mutterpflichten und beruflicher Tätigkeiten hat sie erneut episodenhaft Geschichten niedergeschrieben, um unterdrückten Frauen Mut zu machen. Denn: „Mädchen dürfen in Afghanistan nur bis zur sechsten Klasse in die Schule gehen“, berichtet Mansoor. Anschließend seien sie verpflichtet, „zu kochen, zu putzen und zu heiraten“. „Sie werden an ältere Männer verkauft oder zwangsverheiratet“, sagt die niederländisch-afghanische Frau aus Leveste.
„Der Stift war mein Weg in die Freiheit, deshalb habe ich in jedem Kapitel dieses Kurzgeschichtenbuches versucht, den Frauen eine Stimme zu geben.“
Trina Mansoor, niederländisch-afghanische Jungautorin aus Leveste
„Das neue Buch ist ein Ergebnis meiner Überzeugung, dass wir nicht wegschauen dürfen“, sagt Mansoor. Mit der Neuerscheinung rufe sie dazu auf, die Stimmen der afghanischen Frauen zu hören und zu unterstützen. „Der Stift war mein Weg in die Freiheit, deshalb habe ich in jedem Kapitel dieses Kurzgeschichtenbuches versucht, den Frauen eine Stimme zu geben“, so Mansoor. Teilweise habe sie die Namen der Betroffenen zu deren Schutz verändert. Die Jungautorin hat die einzelnen Episoden aber auch mit eigenen Bewertungen zu den jeweiligen Lebenssituationen angereichert und verschiedene Bewältigungsstrategien herausgearbeitet. Das neue Werk sei auch ein Beitrag, um Frauen eine Stimme zu geben, die grundsätzlich als Folge von patriarchalischen Strukturen nicht selbstbestimmt leben könnten.
Von Mansoors erstem Buch wurden ihren Angaben zufolge mehrere Hundert Exemplare verkauft. Nach Lesungen und Signierstunden habe sie viel Zuspruch erhalten und erfahren, dass ihre autobiografische Geschichte auch große Betroffenheit ausgelöst habe. Was die Jungautorin betont: Auch beim zweiten Buch gehe es ihr nicht um einen kommerziellen Erfolg. Vielmehr setze sie auf Aufklärung und hoffe auf eine stärkere diplomatische Einflussnahme der demokratischen Staaten zugunsten der Menschen in Afghanistan.
„Ich habe schon eine Anfrage eines Gymnasiums aus Hannover für eine Lesung.“
Trina Mansoor, niederländisch-afghanische Jungautorin aus Leveste
Das 80-seitige Kurzgeschichtenbuch „1000 Tage ohne Bildung“ ist Anfang September in Zusammenarbeit mit dem Buchhandelsunternehmen Thalia und dem Verlag Story One erschienen. Es ist auf verschiedenen Onlineplattformen wie bei Thalia und auf Bestellung in Buchhandlungen zum Stückpreis von 18 Euro erhältlich. „Ich habe schon eine Anfrage eines Gymnasiums aus Hannover für eine Lesung in einer neunten Klasse“, berichtet Mansoor.
Quelle: https://www.neuepresse.de/lokales/umland/gehrden/neues-buch-von-trina-mansoor-aus-leveste-autorin-gibt-unterdrueckten-frauen-aus-afghanistan-eine-QG3M6BQQLFHTJBYCCSQZ7MPVKI.html, gelesen am 25.09.2024