HAZ: Autorendebüt-Flucht aus Afghanistan: Trina Mansoor aus Leveste beschreibt im Erstlingswerk „Wüstenrose“ ihren Weg in die Freiheit

Ingo Rodriguez berichtet am 10.10.2023, 13:15 Uhr in der Online-Ausgabe der HAZ:

Die 34-jährige Jungautorin Trina Mansoor aus Leveste beschreibt in ihrem Erstlingswerk „Wüstenrose“ ihre Flucht aus Afghanistan und den Weg in die Freiheit. Ihre autobiografische Geschichte soll unterdrückten Frauen Mut machen.

Leveste. Es ist eine autobiografische Geschichte über die Unterdrückung von Frauen, jahrelange Flucht, über ihre ermordeten Eltern und den steinigen Weg in die Freiheit: „Wüstenrose“ – so lautet der Titel des Buches, das die 34-jährige Jungautorin Trina Mansoor jetzt veröffentlicht hat. Mansoor stammt aus Afghanistan, hat einen niederländischen Pass und lebt seit 13 Jahren in Leveste. In ihrem Erstlingswerk verarbeitet sie ihre traumatischen Erlebnisse und will so auch unterdrückten Frauen Mut machen.

„Man darf nie die Hoffnung aufgeben, weil es sich lohnt, für seine Rechte und Freiheit zu kämpfen“, sagt Mansoor. Auch deshalb hat sie für ihr Autorendebüt den Titel „Wüstenrose“ ausgewählt. „Ich identifiziere mich mit dieser Pflanze, weil es eine sensible Blume ist, die in steinigen Gebieten beheimatet ist, aber trotzdem wächst“, sagt die Jungautorin. Sie sehe sich ebenfalls als Überlebenskünstlerin, die unter schwierigen Voraussetzungen aufgeblüht sei.

Mansoor lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Leveste, studiert Geschichte und Religionswissenschaften, spricht sechs Sprachen und arbeitet auch als freiberufliche Übersetzerin. „Ich bin eine moderne afghanische Frau und genieße meine Freiheit, aber es war kein einfacher Weg“, sagt sie.

Was Mansoor damit meint, wird schnell deutlich, wenn sie in groben Zügen den Inhalt ihres Buches beschreibt. Sie wurde 1989 in Afghanistan in Kabul während des Bürgerkrieges geboren. Ihre Mutter – eine Gymnasiallehrerin – habe sich trotz großer Gefahren und strenger Verbote für die Rechte von Frauen und Bildung eingesetzt. Als es zu gefährlich wurde, floh die Familie 1993 nach Pakistan. Doch auch dort seien ihre Eltern mit den insgesamt drei Kindern als „staatenlose Afghanen“ nicht willkommen gewesen, sagt Mansoor.

Eltern sterben qualvoll

Dass ihre Mutter sich auch in Pakistan trotz Unterrichtsverbotes für Bildung und Demokratie einsetzte, wurde der Familie 1996 zum Verhängnis. „Als ich sieben Jahre alt war, wurden meine Eltern beim Essen in einem Restaurant vergiftet und kamen wenig später qualvoll ums Leben“, erzählt Mansoor. Eine Flüchtlingsorganisation habe die drei Kinder in eine sichere Unterkunft gebracht. Nach insgesamt sechs Monaten in wechselnden Quartieren sei es einem Onkel schließlich 1997 gelungen, die neunjährige Mansoor, ihren 14-jährigen Bruder und die 16-jährige Schwester in die Niederlande zu holen.

Dort ging die Odyssee jedoch weiter. „Meine Schwester wurde zwangsverheiratet. Mein Bruder und ich wurden vom niederländischen Jugendamt in Pflegefamilien untergebracht“, erzählt die Levesterin. Als ihre Pflegemutter sie wegen Überlastung nach sieben Jahren wieder abgegeben habe, sei sie schließlich als 17-Jährige mit ihrem Bruder in eine Zweizimmerwohnung gezogen und habe sich mit Nebenjobs über Wasser gehalten.

Trotzdem sei es Mansoor gelungen, in den Niederlanden mit 19 Jahren das Abitur zu machen. Das Jahr 2009 markierte schließlich einen Wendepunkt in ihrem Leben, wie sie berichtet. Als Mansoor mit 20 Jahren ihre in Frankfurt lebende Schwester besuchte, habe sie über verschiedene persönliche Kontakte ihren heutigen Mann kennengelernt. Der Liebe wegen sei sie schließlich nach Deutschland gezogen. „Im Jahr 2010 haben wir in Gehrden standesamtlich geheiratet“, sagt die 34-jährige Mutter.

 

In der Freiheit angekommen

Mansoor ist nun in der Freiheit angekommen, steht kurz vor dem Abschluss ihres Studiums an der Leibniz Universität und arbeitet als freie Übersetzerin für die Polizei und psychotherapeutische Einrichtungen. Sie spricht Deutsch, Niederländisch, Englisch sowie Dari, Farsi und die pakistanische Nationalsprache Urde. Die 34-Jährige begleitet außerdem im Psychosozialen Zentrum in Hannover im Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge (NTFN) zugewanderte Frauen aus Afghanistan.

Trotz Studiums, Mutterpflichten und freiberuflichen Tätigkeiten hat sie in den vergangenen Jahren Stück für Stück und episodenweise ihre autobiografische Geschichte niedergeschrieben. „Ich wusste schon als Kind, dass ich irgendwann einmal ein Buch schreiben würde“, sagt Mansoor. Mit 13 Jahren habe sie erste melancholische Texte verfasst und an ihr künftiges Ich einen Brief mit Wünschen und Ratschlägen geschrieben. „Bücher haben mir schon als Kind andere Welten geöffnet und Halt gegeben“, sagt die Jungautorin.

Im August ist nun in Zusammenarbeit mit dem Buchhandel Thalia und dem Verlag Story One das 80-seitige Kurzgeschichtenbuch „Wüstenrose“ erschienen. Im Mehrgenerationen-Treff in Gehrden gab Mansoor jetzt in Kooperation mit der Buchhandlung Lesezeichen ein Debüt und stellte zum ersten Mal als Teil einer Lesung ihr neues Werk öffentlich vor. Das Buch ist auf verschiedenen Onlineplattformen wie bei Thalia sowie auf Bestellung in Buchhandlungen erhältlich.

Quelle: https://www.neuepresse.de/lokales/umland/gehrden/gehrden-trina-mansoor-aus-leveste-veroeffentlicht-das-buch-wuestenblume-6PZIM76ASBB5DB6TDSVZMAVVDY.html
Gelesen am 10.10.2023

Link zur Ankündigung der Lesung